Falsch verbunden
Weltwoche, Ausgabe 47
Die Swisscom gehört zu zwei Dritteln dem Staat. Geht sie im Ausland auf Einkaufstour, müssten wir alle mitbezahlen. Höchste Zeit, dass der Bund seine Aktien verkauft.
Als der Chef der British Telecom davon hörte, dass die Swisscom die irische Eircom übernehmen will, schlug er maliziös vor, die fusionierten Firmen doch «SwissEir» zu taufen. Es wäre vorschnell, dies nur als hinterhältigen Seitenhieb gegen einen potenziellen Konkurrenten zu deuten.
Wie einst bei der Swissair begannen die Probleme der Swisscom – schrumpfende Marktanteile und schrumpfende Margen – mit der Deregulierung. Der Staatsbetrieb verlor sein Monopol, das ihm jahrzehntelang zu hohe Gewinne und den Konsumenten zu hohe Preise verschafft hatte. Wie damals die Swissair muss sich die Swisscom seither auf ihrem lukrativen Markt gegen ausländische Konkurrenten behaupten. Wie die Swissair hat die Swisscom nur eine kleine Heimbasis und sucht ihr Heil jetzt darin, ausserhalb des Landes zu wachsen und ganz Europa nach Firmen abzugrasen, welche sie kaufen könnte. Wie die Swissair, «die fliegende Bank», ist die Swisscom, «die Geldmaschine», heute bereit, sich dafür zu verschulden – mit bis zu 22 Milliarden Franken. Und wie bei der Swissair ist der Bund (also die Bürger) bei der Swisscom beteiligt. Waren es bei der Airline am Schluss gerade einmal drei Prozent – was ihm eine Staatskrise eintrug – besitzt der Bund heute sogar zwei Drittel (66,1 Prozent) der Swisscom.
Es ist höchste Zeit, sich davon zu trennen. Verkauft der Bund seine Swisscom-Anteile jetzt, sind sie noch 18 Milliarden Franken wert. Loslassen befreit gleich doppelt: Die Swisscom kann dann ohne politische Fesseln jedes unternehmerische Risiko eingehen, das ihr sinnvoll erscheint. Und der Bundesrat schafft ein für alle Mal die Gefahr aus der Welt, erneut Milliarden zu verlieren und als Krisenmanager agieren zu müssen.
Die letzte Eile
Die Swisscom-Führung unter Jens Alder, die sich lange durch Zurückhaltung auszeichnete und damit manche teure Dummheit vermied, vermittelt derzeit einen unüblich gehetzten Eindruck. Wann immer in Europa eine Telefongesellschaft verkauft werden soll, werden die Schweizer als Bewerber genannt – ob in Irland, Dänemark oder den Niederlanden. In Tschechien und Österreich haben sie es auch versucht und einen Korb gekriegt. Ständig, sagt Alder nicht ohne Stolz, prüfe er mindestens drei mögliche Kaufobjekte zugleich. Die Filetstücke aber wurden bereits in den letzten Jahren verteilt. Und um die wenigen übrig gebliebenen Firmen buhlen derzeit viele willige Käufer mit viel Geld, was deren Preis in ungeahnte Höhen treibt – wie jüngst in Tschechien, wo die Swisscom von der spanischen Telefonica ausgebootet wurde.
Auffallend dabei ist, dass sich kaum ein Experte findet, der die Shoppingtour der Swisscom goutiert. Eine strategische Logik der Expansion ist nicht erkennbar, weil das Zusammengehen von Ex-Monopolisten, die alle unter dem gleichen Konkurrenzdruck leiden, weder bedeutende Synergien noch komplementäre Einkünfte verspricht. Einzig als Finanzinvestition macht eine Expansion ins Ausland Sinn, denn die Swisscom sitzt auf sehr viel Bargeld, ja sie möchte sich sogar verschulden. Es scheint für sie bei den historisch tiefen Zinsen am rentabelsten, Fremdkapital aufzunehmen. Und mit Schulden, schöner Nebeneffekt, muss sie dem Staat, ihrem Mehrheitsaktionär, weniger Steuern bezahlen. Das allein schon zeigt die schizophrene Lage, in welcher der Bund als Swisscom-Aktionär steckt. Als Eigentümer eines Unternehmens muss er daran interessiert sein, möglichst wenig Steuern zu bezahlen, als Staat, möglichst viel zu bekommen. Gleichzeitig reguliert der Bund die Branche, was ihn in Interessenkonflikte bringt. Ob es nun um die letzte Meile geht oder um den härtesten Swisscom-Konkurrenten, die Cablecom – als Besitzer muss der Bund ein Interesse an einer starken Swisscom haben, als Regulator muss er für einen fairen Wettbewerb sorgen, von dem die Konsumenten profitieren. Vom Verkauf der Bundesbeteiligung können die Swisscom und «der Staat» nur gewinnen. Denn eine Investition von 18 Milliarden Franken in einen einzigen Titel ist aus Sicht des Bürgers ein «Klumpenrisiko». So sank der Börsenkurs der Swisscom in diesem Jahr um sechs Prozent – mitten in einer Hausse, die den Index um dreissig Prozent steigen liess. Für eine derartige Performance gehörte jeder Vermögensverwalter, jeder Pensionskassenmanager gefeuert. Auch die Zukunft sieht für die Swisscom nicht gerade vielversprechend aus. Ihr Kerngeschäft – Fixnetz, Internet und Handy – schrumpft, die Tarife sinken und sinken. Und die Internet-Telefonie, erst in ihren Anfängen, wird die Branche noch erschüttern.
Die Swisscom und nicht der Bundesrat muss in dieser wenig komfortablen Situation selber wissen, ob es ihr hilft, mit viel Geld ins Ausland zu expandieren. Tut sie, was ihr betriebswirtschaftlich oder wegen besserer Karriereperspektiven der Manager als nötig erscheint, dann bitte ohne Steuergelder. Hat sie Erfolg, wird sie weiterhin gute Arbeitsplätze bieten, gute Produkte schaffen und gute Steuern bezahlen. Geht das Auslandabenteuer in die Hose, wie vor zehn Jahren in Malaysia und in Indien, dann kann zumindest niemand fragen, was der Schweizer «Service public» eigentlich in Dublin, Kopenhagen oder Amsterdam zu suchen hatte.
Die Swisscom gehört zu zwei Dritteln dem Staat. Geht sie im Ausland auf Einkaufstour, müssten wir alle mitbezahlen. Höchste Zeit, dass der Bund seine Aktien verkauft.
Als der Chef der British Telecom davon hörte, dass die Swisscom die irische Eircom übernehmen will, schlug er maliziös vor, die fusionierten Firmen doch «SwissEir» zu taufen. Es wäre vorschnell, dies nur als hinterhältigen Seitenhieb gegen einen potenziellen Konkurrenten zu deuten.
Wie einst bei der Swissair begannen die Probleme der Swisscom – schrumpfende Marktanteile und schrumpfende Margen – mit der Deregulierung. Der Staatsbetrieb verlor sein Monopol, das ihm jahrzehntelang zu hohe Gewinne und den Konsumenten zu hohe Preise verschafft hatte. Wie damals die Swissair muss sich die Swisscom seither auf ihrem lukrativen Markt gegen ausländische Konkurrenten behaupten. Wie die Swissair hat die Swisscom nur eine kleine Heimbasis und sucht ihr Heil jetzt darin, ausserhalb des Landes zu wachsen und ganz Europa nach Firmen abzugrasen, welche sie kaufen könnte. Wie die Swissair, «die fliegende Bank», ist die Swisscom, «die Geldmaschine», heute bereit, sich dafür zu verschulden – mit bis zu 22 Milliarden Franken. Und wie bei der Swissair ist der Bund (also die Bürger) bei der Swisscom beteiligt. Waren es bei der Airline am Schluss gerade einmal drei Prozent – was ihm eine Staatskrise eintrug – besitzt der Bund heute sogar zwei Drittel (66,1 Prozent) der Swisscom.
Es ist höchste Zeit, sich davon zu trennen. Verkauft der Bund seine Swisscom-Anteile jetzt, sind sie noch 18 Milliarden Franken wert. Loslassen befreit gleich doppelt: Die Swisscom kann dann ohne politische Fesseln jedes unternehmerische Risiko eingehen, das ihr sinnvoll erscheint. Und der Bundesrat schafft ein für alle Mal die Gefahr aus der Welt, erneut Milliarden zu verlieren und als Krisenmanager agieren zu müssen.
Die letzte Eile
Die Swisscom-Führung unter Jens Alder, die sich lange durch Zurückhaltung auszeichnete und damit manche teure Dummheit vermied, vermittelt derzeit einen unüblich gehetzten Eindruck. Wann immer in Europa eine Telefongesellschaft verkauft werden soll, werden die Schweizer als Bewerber genannt – ob in Irland, Dänemark oder den Niederlanden. In Tschechien und Österreich haben sie es auch versucht und einen Korb gekriegt. Ständig, sagt Alder nicht ohne Stolz, prüfe er mindestens drei mögliche Kaufobjekte zugleich. Die Filetstücke aber wurden bereits in den letzten Jahren verteilt. Und um die wenigen übrig gebliebenen Firmen buhlen derzeit viele willige Käufer mit viel Geld, was deren Preis in ungeahnte Höhen treibt – wie jüngst in Tschechien, wo die Swisscom von der spanischen Telefonica ausgebootet wurde.
Auffallend dabei ist, dass sich kaum ein Experte findet, der die Shoppingtour der Swisscom goutiert. Eine strategische Logik der Expansion ist nicht erkennbar, weil das Zusammengehen von Ex-Monopolisten, die alle unter dem gleichen Konkurrenzdruck leiden, weder bedeutende Synergien noch komplementäre Einkünfte verspricht. Einzig als Finanzinvestition macht eine Expansion ins Ausland Sinn, denn die Swisscom sitzt auf sehr viel Bargeld, ja sie möchte sich sogar verschulden. Es scheint für sie bei den historisch tiefen Zinsen am rentabelsten, Fremdkapital aufzunehmen. Und mit Schulden, schöner Nebeneffekt, muss sie dem Staat, ihrem Mehrheitsaktionär, weniger Steuern bezahlen. Das allein schon zeigt die schizophrene Lage, in welcher der Bund als Swisscom-Aktionär steckt. Als Eigentümer eines Unternehmens muss er daran interessiert sein, möglichst wenig Steuern zu bezahlen, als Staat, möglichst viel zu bekommen. Gleichzeitig reguliert der Bund die Branche, was ihn in Interessenkonflikte bringt. Ob es nun um die letzte Meile geht oder um den härtesten Swisscom-Konkurrenten, die Cablecom – als Besitzer muss der Bund ein Interesse an einer starken Swisscom haben, als Regulator muss er für einen fairen Wettbewerb sorgen, von dem die Konsumenten profitieren. Vom Verkauf der Bundesbeteiligung können die Swisscom und «der Staat» nur gewinnen. Denn eine Investition von 18 Milliarden Franken in einen einzigen Titel ist aus Sicht des Bürgers ein «Klumpenrisiko». So sank der Börsenkurs der Swisscom in diesem Jahr um sechs Prozent – mitten in einer Hausse, die den Index um dreissig Prozent steigen liess. Für eine derartige Performance gehörte jeder Vermögensverwalter, jeder Pensionskassenmanager gefeuert. Auch die Zukunft sieht für die Swisscom nicht gerade vielversprechend aus. Ihr Kerngeschäft – Fixnetz, Internet und Handy – schrumpft, die Tarife sinken und sinken. Und die Internet-Telefonie, erst in ihren Anfängen, wird die Branche noch erschüttern.
Die Swisscom und nicht der Bundesrat muss in dieser wenig komfortablen Situation selber wissen, ob es ihr hilft, mit viel Geld ins Ausland zu expandieren. Tut sie, was ihr betriebswirtschaftlich oder wegen besserer Karriereperspektiven der Manager als nötig erscheint, dann bitte ohne Steuergelder. Hat sie Erfolg, wird sie weiterhin gute Arbeitsplätze bieten, gute Produkte schaffen und gute Steuern bezahlen. Geht das Auslandabenteuer in die Hose, wie vor zehn Jahren in Malaysia und in Indien, dann kann zumindest niemand fragen, was der Schweizer «Service public» eigentlich in Dublin, Kopenhagen oder Amsterdam zu suchen hatte.
tankwarth - 1. Dez, 16:14
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